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12.12.2023 MUTEC

Museumsverband Thüringen: Interview mit Präsident Dr. Roland Krischke

Von Volkskunde über Kulturgeschichte bis hin zu Kunst und Naturkunde – die Museumslandschaft in Thüringen ist vielfältig. Viele Häuser sind kommunal getragen, klassische Landesmuseen gibt es nicht. Dafür viele Museen, hinter denen Stiftungen oder Vereine stehen. Der Museumsverband Thüringen e.V. vertritt die Interessen von derzeit 237 Mitgliedsmuseen und unterstützt seine Mitglieder beim Erhalt des hohen Qualitätsstandart. Wir haben mit Präsident Dr. Roland Krischke über die Thüringer Museumslandschaft und die MUTEC 2024 gesprochen.

Redaktion: Herr Dr. Krischke, seit 2022 waren sie bereits kommissarisch Präsident des Museumsverbands. Bei der Mitgliederversammlung im September wurden Sie nun für die nächsten vier Jahre als erster Präsident des MVT erstmals direkt von den Mitgliedern gewählt. Welche Ziele haben Sie sich für die Präsidentschaft gesteckt und hat sich mit der Bestätigung im September die Arbeit an sich noch einmal verändert?

Dr. Krischke: Da ich bereits seit 2019 im dreiköpfigen Präsidium mitarbeite, ist die Veränderung nicht sehr groß. Alle elf Vorstandsmitglieder arbeiten sehr eng zusammen, wir treffen uns einmal im Monat in einem Thüringer Museum, das Präsidium tagt wöchentlich in einer Online-Konferenz mit der Geschäftsstelle. Das Entscheidende ist, dass wir für den Verbandstag einen Forderungskatalog an die Landesregierung sowie alle Landtagsabgeordneten entworfen haben, den wir den Mitgliedern vorgestellt haben. Darin haben wir die wichtigsten Ziele für die nächsten Jahre formuliert, mit denen wir die Museumslandschaft voranbringen wollen. So sollen zum einen etwa zentrale Depots geschaffen werden, andererseits aber auch kleinere und mittlere Museen durch die Gründung von gemeinsamen, regional verankerten Teams für Marketing, Museumspädagogik oder technische Aufgaben gestärkt werden. Das Ziel ist, dass zum Beispiel die Häuser ohne Personen für Öffentlichkeitsarbeit – und davon gibt es eine ganze Menge – Unterstützung durch ein solches mobiles Team bekommen. Für diese Idee haben wir bereits viel positives Feedback von der Landespolitik bekommen. Jetzt geht es darum, die Weichen dafür auf politischer Ebene zu stellen und die Voraussetzungen in den Häusern zu schaffen.

Redaktion: Gibt es so eine Art Taskforce bereits?

Dr. Krischke: Ein Beispiel dafür haben wir in Südthüringen. Dort haben wir ein Museumsnetzwerk, das den Schwerpunkt seiner Zusammenarbeit auf Vermittlung gelegt hat. Man kann das aber nicht eins zu eins übernehmen. Anderswo braucht es vielleicht eher Unterstützung im Bereich Digitalisierung. Es sollten mehrere Einrichtungen einer Region zusammenfinden, die sagen: „Wir können miteinander, wir haben diese Ziele und dafür brauchen wir vielleicht drei bis fünf Leute“. Wenn dann die kommunalen Träger und der Freistaat Thüringen zusammenkommen, kann es klappen. Wir machen als Verband die Lobbyarbeit und setzen uns in den nächsten Jahren mit Beharrlichkeit dafür ein, die Idee umzusetzen.

Redaktion: Wie gestaltet sich die Lage der Museen in Thüringen derzeit allgemein? Wo sehen Sie die größten Erfolge und Baustellen?

Dr. Krischke: Wir haben in den letzten Jahren vieles bewegt. Es gibt in Thüringen beispielsweise ein bundesweit einzigartiges Volontariatsprogramm, mit ca. 20 bis 25 Volontären, die zu 50 Prozent vom Freistaat gefördert sind. Für sie bieten wir ein Fortbildungsprogramm an, dass sich dann über das ganze Volontariat zieht – da spielt auch die MUTEC mit hinein. So können Volontäre, auch wenn sie in kleineren Häusern arbeiten, trotzdem die ganze Museumslandschaft Thüringens in all ihren Facetten kennenlernen. Dieses Jahr haben wir zudem erstmals Volontäre im Bereich Restaurierung und haben dieses Fachwissen auch stärker in die Weiterbildung eingebracht. Auf der anderen Seite unterstützen wir – in Zusammenarbeit mit der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena – kleinere und mittlere Museen dabei, ihre Sammlungen zu digitalisieren. Wir arbeiten hier stetig an der gemeinsamen Datenbank „digiCULT.web“, um letztlich einen thüringenweiten Auftritt zu realisieren. Was zuletzt stark gefördert wurde, ist die Provenienzforschung. Wir haben dafür eine Koordinierungsstelle einrichten können, die in engem Austausch mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg arbeitet. Hier haben wir zuletzt eine Reihe von Erstchecks genehmigt bekommen – das ist auch eine Chance für Häuser, die bisher noch nicht in die Provenienzforschung eingestiegen sind.

Redaktion: Sie haben die MUTEC im Zusammenhang mit dem Fortbildungsprogramm bereits erwähnt. Können Sie uns schon verraten, was der Verband für die Fachmesse geplant hat?

Dr. Krischke: Es wird so sein, dass auf jeden Fall ein Baustein der Volontärsausbildung auf der MUTEC stattfindet. Das ist uns auch sehr wichtig, da die MUTEC mit ihren Ausstellern ein wunderbar breites Bild an Angeboten bietet. Gerade für den Museumsnachwuchs ist es essentiell, solche Messen kennenzulernen. Am 8. November 2024 werden wir ein Grundlagenseminar anbieten zu dem Thema „Umgang mit Ausstellungsobjekten in Theorie und Praxis“. Anschließend ist ein Messerundgang geplant, an dem sich auch das Team der MUTEC beteiligen wird.

Redaktion: Gerade durch Ihre Arbeit als Direktor der Altenburger Museen haben Sie einen kurzen Weg zur MUTEC in Leipzig. Welche Vorteile ergeben sich daraus, die Fachmesse quasi in direkter Nachbarschaft zu haben?

Dr. Krischke: Es ist natürlich großartig, nicht bis nach Köln oder Hamburg fahren zu müssen. Auch von Erfurt ist man ja mit dem ICE nur unwesentlich länger unterwegs als mit der S-Bahn von Altenburg. Da ist ein großer Vorteil für uns Thüringer, denn es ist wirklich eine wichtige Messe für unseren Bereich. Zudem ist es eine hervorragende Gelegenheit Kontakte zu knüpfen oder zu vertiefen. Die parallel stattfindende Fachmesse „denkmal“ bietet eine wunderbare Ergänzung, insbesondere für den Bereich Restaurierung, aber auch weit darüber hinaus.

Dr. Roland Krischke / Foto: Jens Paul Taubert
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